Loïe Fuller und der Schlangentanz
Schmetterlingsfrau, Blumenfrau, Feuerfrau - durch ihren Umgang mit Licht und Schleiern ist es nur gerechtfertigt, Loïe Fuller als die erste Frau zu bezeichnen, die Requisiten in Ihre Choreografie miteinbezog. Sie wurde eine jener Königinnen der Belle Époque und die erste moderne Künstlerin, die solo außerhalb der traditionellen Ballette und Revue Shows auftrat. Loïe Fuller entwickelte einen sehr persönlichen Tanzstil, der aus dem extrem breit gefächerten Genre der Varietébühnen stammte: der Rocktanz. Sie war frei von Regeln und Konventionen und in gewisser Hinsicht ist sie Vorreiterin der Multimedia-Performance.
Parade - Léonide Massine
In den 1920er Jahren beeinflusste das Aufeinandertreffen der bildenden- und der darstellenden Künste Choreografien in starkem Maße, die begannen, den Tanz in die physische Realität der Kostüme und Requisiten zu adaptieren. In Parade, dem berühmten Stück des Ballets Russes, ist jeder Tänzer ein eigener Charakter und einem gewissen Tanzstil unterworfen, der wiederum von den Kostümen und Requisiten definiert wird, die er entweder anhat oder mit sich herumträgt. Nach dem Drehbuchautor Jean Cocteau waren die Kostüme und das Set von Parade „weit davon entfernt, den Choreografen zu behindern und verpflichteten ihn, mit der Tradition zu brechen“. Parade wird oft als das erste moderne Ballett bezeichnet.
das Triadische Ballett - Oskar Schlemmer
Im Gegensatz zu dieser Bewegung, die mechanischen und industriellen Aspekte der modernen Welt durch das Ballett verdeutlichen wollte, erschuf Oskar Schlemmer sein Triadisches Ballett. „Mit dem Triadischen Ballett, dem Projekt des „Vergnügens, mit Formen und Materialien zu spielen“ wollte Schlemmer vor allem „Form und Farbe zelebrieren“ und als Maler und Tänzer mit dem kostümierten Ballett zur Belebung des Theaters beitragen“.*
La folie du jour - Joséphine Baker
Auf dem Höhepunkt der Goldenen Zwanziger, löste Josephine Baker, Star der Revue Nègre, eine neue Leidenschaft für afrikanische Kunst aus. Mit ihrem neckischen Gebaren, ihrem lustigen Bananenrock und der Art wie sie Jazz und Charleston mit primitiven Tänzen mischte, überwand Baker mit ihren Outfits alle Klischees. Gleichzeitig reflektierte sie so die Mentalität dieses 20. Jahrhunderts mit seiner blinden Faszination für alles Exotische einerseits und seinem Unbehagen gegenüber allem, was der europäischen Kultur fremd war, andererseits.
Sanctum und Imago - Alwin Nikolaïs
In den 1950er und 1960er Jahren experimentierte Alwin Nikolaïs mit Körpern und Raum. Um dieses Konzept des totalen Theaters zu verwirklichen, erschuf er seine eigene Musik, sowie Set und Beleuchtung. Er verwendete eine Vielzahl an Masken und Requisiten: „Masken, damit der Tänzer zu etwas anderem werden kann, etwas Neuem; und Requisiten, um seine physische Größe im Raum noch zu steigern. Ein amerikanischer Kritiker sagte: „Bei Nikolaïs werden die Tänzer zu Requisiten und die Requisiten tanzen“.
Heute experimentieren zeitgenössische Choreografen immer noch mit diesen tanzenden Objekten, die in einer Art kreative Partner geworden sind. Diese Künstler nutzen meist Zirkuskunst, Installationen und zeitgenössischen Tanz. Sie erlösen die Requisiten von ihrem bisherigen Zweck als Beiwerk der Darstellung und geben ihnen einen neuen poetischen Sinn voller Stolz und Anmut.
100% polyester, objet dansant n°(à définir) - Christian Rizzo und Cathy Olive
“100 % polyester, objet dansant n° (à définir)” – ein kurzes poetisches Juwel von Christian Rizzo und Cathy Olive lässt die Requisiten tanzen. Allein der Wind aus Ventilatoren, die auf der Bühne verteilt sind, bringt zwei hängende und miteinander verbundene Kittel dazu, sich zu bewegen und durch die Bewegung zu personifizieren. Nach seiner Ausbildung in bildender Kunst und einem kurzen Flirt mit Modedesign verschmilzt Christian Rizzo Installation und Performance miteinander und platziert sowohl Künstler als auch Objekte auf der Bühne.
Vortex - Phia Ménard
Phia Ménard interessiert sich für alles, was Unbeständigkeit reflektiert; die Transformation von Körpern, Identitäten und Materialien - etwas, das sie treffend „Hybridisierung“ nennt. Mit Vortex und L'après-midi d'un foehn (Version für Kinder) positioniert sie sich selbst in der Mitte eines Windes, der von insgesamt ca. 20 Ventilatoren erzeugt wird. Sie gibt ihre Vorstellung, indem sie den Wind als Partnerelement und einige Plastiktüten verwendet.
Cavale - Yoann Bourgeois
Yoann Bourgeois, Choreograf, Jongleur und Künstler, der sich vor allem mit der Instabilität des Körpers und der Objekte befasst, vertritt die Idee einer „Ästhetik des Risikos“, aus dem Spiel mit der Höhenangst entstehenden. In Cavale verwendet Yoann Bourgeois einen Sockel und ein Trampolin, eine freistehende Treppe, zwei Tänzer und das Ungleichgewicht, das sich just in jenem Moment zwischen Fallen und Zurückfedern findet. Sind Requisiten ein Hilfsmittel für den Schwung, ein Punkt der Federung, ein musikalischer Kontrapunkt.
Une pièce mécanique - Geisha Fontaine und Pierre Cottreau
Geisha Fontaine und Pierre Cottreau lieben es jegliche Regeln, die üblicherweise mit einer Performance assoziiert werden, zu untergraben. Une pièce mécanique vereint zwei Tänzer und ein mechanisches Corps de Ballet aus 25 Objekten bzw. mobilen Skulpturen auf der Bühne. Tänzer und Objekte sind jeweils zugleich Subjekt als auch Motiv des Tanzes, Dieser materielle Tanz, der mit Hilfe von Computerprogrammierung, Mathematik und Geometrie entsteht, verwandelt die menschlichen Interpreten bei Berührung mit den mechanischen Objekten; die Komposition aus Mensch und Objekt wird zu einem neuen poetischen Element. Ob virtuell oder lebendig, die Emotion bleibt.