Kamanda - Georges Momboye
Wenn wir dieses Thema mit einem Auszug aus Kamanda qu'en penses-tu eröffnen, ein Stück des von der Elfenbeinküste stammenden Choreografen Georges Momboye, mag das den Anschein erwecken, dass die Wurzeln des Hip-Hop im afrikanischen Tanz liegen. Aber das wäre ein voreiliger und irreführender Schluss. Aus den schwarzen Ghettos stammend ist Hip-Hop mindestens ebenso ein Produkt amerikanischer Kultur, in den spezifischen sozialen und kulturellen Kontext des Amerikas der 1970er Jahre hineingeschmiedet. Dieser Auszug erinnert uns dennoch, dass Millionen Afrikaner als Sklaven auf amerikanischen Grund verschleppt wurden, deren Nachfahren heute Teil der amerikanischen Nation sind. Er stellt auch die Basis dar, auf der die Energie und die Dynamik des Hip-Hop fußt: Improvisation und Herausforderung.
Balé Floclorico de Bahia
Die Capoeiristas des Balé Folclórico de Bahia, eine brasilianische Volkstanzgruppe, konfrontieren sich in einem Kampf, der eigentlich eine Täuschung ist. Ursprünglich war Capoeira ein Ausdruck der Revolte der Sklaven gegen die brasilianische Gesellschaft. Er gab ihnen die Chance, ihre Kampfkunst mit Musik und Gesang als Tanz getarnt, zu trainieren. Der Kreis, die Herausforderung, Geschicklichkeit und das alles im Rhythmus: das sind alles auch Elemente des Hip-Hop!
Interplay - Jazz tap ensemble
Noch vor dem Hip-Hop hatte Amerika einen Musik- und Tanzstil hervorgebracht, der 1917 als „Jazz“ bekannt wurde. Ungeachtet des rassistischen Klimas und der Rassentrennung, die zwischen den weißen Herren und ihren schwarzen Sklaven herrschte, beäugten sich beide Gesellschaften gegenseitig und liehen sich gegenseitig Rhythmen und Bewegungen. So gab den Jazztänzen Auftrieb. In Interplay wetteifern die zwei Solisten des Jazz Tap Ensembles in der Musik miteinander um ihre Fertigkeiten (noch eine Herausforderung!). Aber als die Band verstummt, geben sie sich vollständig ihrer Improvisation und überwältigend komplexen Schrittfolgen hin. Das haben sie, mit Hip-Hop Tänzern gemeinsam: die Fähigkeit zu improvisieren und die Suche nach der Virtuosität.
Blue until June – Trey McIntyre
Als die Wiege des Crossover, hat der Jazz anderen Genres immer eine Reibungsfläche geboten. Am Broadway, von den 1940er bis in die 1960er Jahre, haben sich Jazztänzer mit Künstlern des klassischen Balletts und der modernen Tanzwelt gemischt. Das Ergebnis war ein neuer Bühnentanz, der Modern Jazz. Schwingende Hüften, fließende Oberkörper, die Trennung zwischen Ober- und Unterkörper sowie zwischen Schulter und Kopf charakterisieren den Modern Jazz. Spuren der klassischen Sprache wie Arabesken oder schnelle Drehungen findet man dort ebenfalls.
C’est ça la vie ?! – Pokemon Crew
Als die Hip-Hop Tänzer in den 1990er Jahren die Theaterbühne erklommen, knüpften sie an andere künstlerische Stile an, um ihre eigene Kunst neu zu erfinden. Gilt es vor allem, den Tanz einer einheitlichen künstlerischen Intention zu unterstellen. Auf der Bühne erscheint der Breakdance der Pockemons neu in Pas de deuxs und Trios. Er gestaltet seine Verrenkungskunst und Akrobatik zu einer Aussage, die durch die szenographischen Elemente lesbar wird.
Boxe boxe – Mourad Merzouki
„Tanz ‚mit einer Botschaft’ ist nichts für mich“, so hält Mourad Merzouki entgegen. Der Choreograf der Compagnie Käfig versucht dennoch immer „Hip-Hop in diversen Aspekten zu zeigen und es von den Fußfesseln seines Ursprungs zu befreien“, in denen er seiner Meinung nach lange Zeit gefangen war. In diesem Auszug aus Boxe boxe wird der Kreis zur Arena, in der sich der Tänzer kämpfend mit seinen Ängsten auseinandersetzt. Das Vokabular des Breakdance verleiht der Auseinandersetzung neue Umrisse und beschreibt einen ergreifenden Dialog zwischen Tänzer und dem Boden. Für die Zuseher ein klares k.o.!